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Bio, regional, saisonal – Guide des nachhaltigen Einkaufens

Regional, bio, saisonal – bei der Masse an verschiedenen Herstellungs- und Haltungsbedingungen, die es heutzutage gibt, verliert man schnell mal den Überblick. Wir geben dir deshalb heute einen Guide zum nachhaltigen Einkaufen an die Hand. Hier erfährst du, worauf man besonders achten sollte und welche Bezeichnungen und Siegel mehr Greenwashing als der ernstgemeinte Versuch von Nachhaltigkeit sind.

Saisonal

Veganaste Erdbeeren

Saisonale Produkte aus Deutschland sind gleich in doppelter Hinsicht besser für die Umwelt, denn mit saisonaler Ware aus der Heimat ist meistens auch  im weiteren Sinne Regionalität verbunden. Ein geringer Treibhausgasausstoß und Energieverbrauch  sowie kurze Transportwege sorgen für eine wesentlich bessere Umweltbilanz von Produkten aus der Heimat im Vergleich zu importierter Ware aus dem Ausland. Besonders deine Gesundheit profitiert von Lebensmitteln die bei uns in Deutschland gerade Saison haben, denn in heimischem Obst und Gemüse finden sich meist deutlich weniger Rückstände von Pestiziden als in Importprodukten, welche für lange Transportwegen haltbar gemacht werden müssen. Und mal ganz ehrlich:  Richtig schöne saftige Erdbeeren aus Deutschland kann man auch geschmacklich in keinsterweise mit dem unreif gepflügten, importierten Pandant zur Winterzeit vergleichen. Saisonale Produkte sind also nicht nur besser für die Umwelt, sondern sie schmecken in den meisten Fällen auch viel intensiver und frischer als importiertes Obst und Gemüse.

Besonders umweltschonend sind Obst und Gemüse aus Freilandanbau: Im Vergleich zum Anbau in Gewächshäusern entstehen auf dem freien Feld rund 30-mal weniger klimaschädliche Gaße. Mit Produkte aus beheizten Treibhäusern – in denen auch außerhalb der Saison bei uns Spargel, Beeren und Co. angebaut werden – tust du der Umwelt dagegen trotz des Regionalitätsaspekts nicht wirklich einen Gefallen. Bei “Aus-Deutschland-Schildern” also bitte nicht direkt zugreifen, sondern im Supermarkt kurz darüber nachdenken, ob zur Zeit Spargel und Co. auf natürliche Weise bei uns in Deutschland wachsen können. Ein Apfel aus Neuseeland hat zwischen Juni und September zum Beispiel eine bessere Klimabilanz als die aufwändig gelagerten Äpfel der letzten Ernte aus Deutschland.


Regional

Wie bereits angesprochen, sind regionale Produkte aus der Umgebung in erster Linie wegen den kurzern Transportwegen und einer damit einhergehenden geringen CO2-Belastung die wohl umweltschonenste Form des Einkaufens. Da regionale Produkte auf Grund geringer Transportzeiten zum optimalen Reifezeitpunkt geerntet werden, sind die Lebensmittel außerdem oft deutlich frischer, enthalten mehr Nährstoffe und schmecken vor allem viel intensiver als Produkte mit langen Lieferwegen. Denn reif geerntet hatte die Pflanze genug Zeit sich und ihr Aroma vollständig zu entwickeln.

Genau hinschauen sollte man aber auch hier: Oftmals dienen Bezeichnungen wie “aus der Region” eher als Marketingstrategie und haben wenig mit nachhaltiger Landwirtschaft zu tun. Was Regionalität bei Lebensmitteln bedeutet, ist gesetzlich nämlich nicht festgelegt. Bei frischem Obst, Gemüse und regionalen Getreideerzeugnissen kannst du in den allermeisten Fällen auf die Packungsangaben vertrauen. Bei verarbeiteten Lebensmitteln mit mehreren Zutaten wird der Regionalitätsaspekt schon schwammiger: Wie viele Zutaten müssen aus der Region sein, um ein Produkt als regional zu betiteln? Haben auch alle Verarbeitungsschritte in der Region stattgefunden? Diese Aspekte sind derzeit leider nicht einheitlich geregelt, sondern die Hersteller sind bisher relativ frei in der Verwendung der Bezeichnung “regional”. So wurde zum Beispiel tatsächlich vor ein paar Jahren Bananennektar “als Bestes aus Bayern” verkauft, obwohl zumindest die Hauptzutat ganz sicher nicht regional bezogen wurde. Ökotest untersuchte 2011 53 als regionale betitelte Produkte aus Deutschland von denen letztendlich nur 14 von den Testern als “echte Regionalprodukte” befunden wurden.


Biologisch

Kühe

Für die Umwelt

Die meisten von uns setzen darauf, dass biologische Produkte im Vergleich zu konventionellen Lebensmitteln deutlich umweltfreundlicher sind. Immerhin verbraucht eine Anbaufläche aus Biolandwirtschaft deutlich weniger Energie, es werden geringere Mengen Treibhausgas, Ammoniak und Stickstoffoixd freigesetzt und der Boden wird weniger stark durch Pestizide und Dünger belastet als es bei der konventionellen Landwirtschaft der Fall ist. Ganz so rosarote Blümchenwolke ist die biologische Landwirtschaft aber leider nicht: Bei gleicher Fläche fällt der Ernteertrag biologischer Produkte im Vergleich zu konventionellen Nahrungsmitteln oftmals sehr viel geringer aus. Um die gleiche Menge an Lebensmitteln anzupflanzen, benötigt die Biolandwirtschaft also sehr viel mehr Anbaufläche als die konventionelle Landwirtschaft und in der Folge steigt auch wieder die Menge verbrauchter Dünger, Pestizide und produzierter umweltschädlicher Gase. Betrachtet man also nicht die Umweltfolgen pro Fläche, sondern pro entstandenem Produkt, ist die Umweltbilanz von biologischen Produkten häufig nicht sehr viel besser als die der konventionellen Pandants.

Für die Tiere

Auch bei tierischen Lebensmitteln gibt es leider kein eindeutiges Ja für Biolandwirtschaft. Zwar erhöht die EG-Öko-Basisverordnung bestimmte Standards und gewährt den Tieren zum Beispiel mehr Platz, biologisches Futter und kürze Transportwege zum Schlachthaus. Fleisch, Milch und Eier von “glücklichen Tieren” bekommst du dabei aber trotzdem nicht. Einem Mastschwein stehen in der konventionellen Landwirtschaft bei einem Gewicht von 50 kg gerade mal 0, 5 qm zu, einem Schwein aus Biohaltung dagegen 0,8 qm. 0,3 qm mehr Platz reichen definitiv nicht aus um diese Haltung als artgerechter zu bezeichnen. Auch Wiesen und Wälder wird ein Bioschwein in den meisten Fällen genauso wenig zu Gesicht bekommen wie ein Schwein aus konventioneller Haltung. In der Milchproduktion werden auch Biokühe einmal im Jahr geschwängert  und ihnen wird das Kalb nach kürzester Zeit entrissen und männliche Küken werden bei der Eierproduktion genauso vergaßt bzw. zerhexelt wie es auch in konventionellen Betrieben der Fall ist.

Auch der für Biobetriebe vorgeschriebene Auslauf für Legehennen wird – wie bei der Freilandhaltung  -häufig gar nicht genutzt. Hühner sind Fluchttiere und trauen sich deswegen nicht auf offene freie Flächen. Damit die Tiere den (oft auch zeitlich stark beschränkten) Auslauf entsprechend ihrem Wesen überhaupt nutzen können, müssen Unterschlupfmöglichkeiten wie Büsche und Unterstände vorhanden sein. Oftmals werden aber keinerlei Unterstände geboten. Schon 2004 kam eine Studie der bayrischen Landesanstalt für Landwirtschaft zu dem Ergebnis, dass im Durchschnitt gerade mal 5,4 % der Tiere in Großställen den Auslauf nutzen. Freiland – bzw. Biohaltung darf trotzdem auf der Packung stehen. Einen ausführlichen Artikel zum Thema verantwortungsvoller Eier kaufen findest du hier.

Für deine Gesundheit

Was die Belastung von Obst und Gemüse mit Pestiziden angeht, liegen Bioprodukte aber ganz klar vorne. So wertete die Newcastle University 343 Studien aus und kam zu dem Ergebnis, dass Obst und Gemüse aus Bioanbau rund 10 – 100 mal weniger stark mit Pestiziden belastet sind, als die jeweiligen Pendants aus konventionellem Anbau.

Pestizide werden in der Landwirtschaft als Schädlingsbekämpfer auf den Feldern eingesetzt. Zahlreiche Studien der letzen Jahre zeigten, dass unser Körper keineswegs immun gegenüber den chemischen Substanzen ist. Da Pestizide nur ein Oberbegriff für eine Vielzahl verschiedener Stoffen sind, können auch die gesundheitlichen Folgen für uns ganz unterschiedlich ausfallen: Von Hauterkrankungen über Krebs, Fruchtbarkeits- und Erbgutschäden bis hin zu Missbildungen bei Neugeborenen können Pestizide unserem Körper auf ganz unterschiedliche Weise schaden. Auch abwaschen hilft oftmals nicht viel: Die meisten Stoffe dringen durch die Schale ins Innere. Zwar sind einige umstrittene Stoffe wie zum Beispiel Kupfersulfate auch in der biologischen Landwirtschaft erlaubt, die meisten schädlichen Stoffe sind hier aber Tabu.

Auch Fleisch aus Biolandwirtschaft ist weniger stark mit Pestiziden und Antibiotika belastet als konventionelle Erzeugnisse. Laut einer Studie der Newcastle University enthalten Biofleisch  und -milch außerdem rund 50% mehr Omega-3-Fettsäuren und weniger gesundheitsschädliche gesättigte Fettsäuren als konventionelle Fleisch- und Milcherzeugnisse.

Fazit

Wer bio, saisonal und/oder regional einkauft tut sich selbst und der Umwelt in den meisten Fällen etwas Gutes. Die Haltungsbedingungen von Tieren sind auf Biohöfen dagegen meist nur geringfügig besser und sollten im Sinne des Tierwohls daher nicht als Freifahrtschein für den Konsum von tierischen Produkten gesehen werden.  Darüber hinaus sind die Haltungs- und Anbaubedingungen auf Biohöfen nicht immer gleich: Die derzeitigen Regulierungen können von Hof zu Hof stark voneinander abweichen, da sich manche Unternehmen neben dem EU-Bio-Siegel noch weitere Bestimmungen selbst auferlegen. Einen detaillierten Vergleich der einzelnen Siegel findest du zum Beispiel hier.

Quellen

Guide des nachhaltigen Einkaufens – Quellen Text:
http://annals.org/aim/article-abstract/1355685/organic-foods-safer-healthier-than-conventional-alternatives-systematic-review

https://www.welt.de/debatte/kommentare/article157552478/Wer-bio-kauft-fuehlt-sich-besser-Gutes-tut-er-nicht.html

https://www.tagesspiegel.de/wissen/oekologische-lebensmittel-bio-ist-besser-nicht-unbedingt/12446778.html

https://www.sciencedirect.com/science/article/pii/S0301479712004264

https://www.sueddeutsche.de/wissen/bio-die-heiligen-drei-buchstaben-1.1897582-3

http://www.biowahrheit.de/inhalt/hintergrund.htm

http://www.fr.de/wissen/gesundheit/artgerechte-tierhaltung-bio-ist-nicht-gleich-bio-a-605101

https://www.bmel.de/SharedDocs/Downloads/Landwirtschaft/OekologischerLandbau/834_2007_EG_Oeko-Basis-VO.pdf?__blob=publicationFile

https://mobil.wwf.de/fileadmin/fm-wwf/Publikationen-PDF/WWF-Vergleich_Guetesiegel_Fleisch.pdf

https://www.ndr.de/ratgeber/verbraucher/Freiland-Eier-haeufig-eine-Mogelpackung,freilandeier100.html

https://www.wiwo.de/technologie/green/studie-zeigt-biolebensmittel-sind-gesuender/13549684.html

https://www.bund.net/umweltgifte/gefahren-fuer-die-gesundheit/

https://www.lavita.de/blog/pestizide-bio/

https://munchies.vice.com/de/article/qknmg3/diese-studie-beweist-dass-bio-fleisch-einfach-gesuender-ist-224

https://www.verbraucherzentrale-hessen.de/wissen/lebensmittel/gesund-ernaehren/saisonkalender-obst-und-gemuese-frisch-und-saisonal-einkaufen-17229

https://utopia.de/0/magazin/der-grosse-schwindel-mit-regionalen-lebensmitteln-oekotest-studie-verbraucher-konsumenten-markt

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Veganasté Autorin Bianca Busch

Bianca

Bianca ist Journalistin, Ernährungsberaterin und Gründerin des Online-Magazins.

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